Das Placemaking-Projekt aus Brighton mit einem Schuss Mexiko-Stadt

An einem regnerischen Sonntagnachmittag im September dieses Jahres gingen die Bewohner von Brighton mit ihren Sesseln, einer Tasse Tee und ein paar Stückchen Kuchen auf die Bürgersteige, um sich mit ihren Nachbarn zu treffen. Das ist Zocalo, eine jährliche Brightoner Veranstaltung, die in der ganzen Stadt verteilt stattfindet und deren Ziel es ist, dass die Leute mit ihren Nachbarn sprechen, sich kennenlernen und Freunde werden. Für manch einen ist es die Gelegenheit, dem Gesicht, dem man jeden Morgen auf der Straße begegnet einen Namen zuzuordnen; bei anderen wiederum sind feste Freundschaften entstanden und bilden nun ein Netzwerk aus Leuten, die gegenseitig auf ihre Katze aufpassen, Lieferungen annehmen oder Grillabende und Lebensgeschichten teilen.

Zunächst gestartet von White Dot, wurde das Konzept Zocalo dann von den Organisatoren des Brightoner Rednerclubs, dem Catalyst Club, aufgegriffen. Ursprünglich begann es in der Hanover-Gegend von Brighton – einem Gebiet, das für seine steilen Hügel und die dicht an dicht gedrängten ehemaligen Fischerhütten bekannt ist und von jungen Familien, Studenten und Langzeit-Bewohnern gleichermaßen bewohnt wird.  Heute hat sich Zocalo auch in andere Gegenden der Stadt und in nahe gelegene Städte wie Worthing, als Teil von ‘We Will Gather‘ unter der Schirmherrschaft von Artists and Makers, ausgebreitet.

Der Zocalo-Ethos ist einer der frei ist – frei vom Ausfüllen von Formularen, da keine Straßensperrungen beantragt werden müssen und frei von der Geldbeschaffung, da keine wirklichen Kosten entstehen um teil zunehmen. Alles was es braucht, um ein Zocalo zu starten, ist ein Poster, dass von der Zocalo-Webseite heruntergeladen und ins Fenster gehangen wird. So soll das Interesse vor dem eigentlichen Tag geweckt werden und am Tag selbst muss man nur noch einen Stuhl rausstellen und anfangen zu quatschen. Manche Straßen haben Zocalo in eine alljährliche Nachbarschaftsparty verwandelt, mit Picknick, Musik und Aktivitäten für Kinder. Sonnenschein ist ohne Zweifel hilfreich, aber selbst mit dem Regen dieses Jahr haben die Menschen immer noch ‘ge’zocalo’d’, indem sie ihre Unterhaltungen einfach nach drinnen verlegt und die Eingangstür offen stehen gelassen haben. Michello Johnson wohnt in Hanover, Brighton und ist ein Zocalo-Fan: ‘Es ist die Einfachheit der Idee, die ich so mag. Da sind keine komplizierten oder bürokratischen Regelungen nötig: schmeiß einfach einen Stuhl nach draußen und schau was passiert. Unsere Straße macht das jedes Jahr und wann immer uns danach ist. Dieses Jahr haben wir uns warm eingehüllt, haben Hop Scotch gespielt, Bilder von uns mit Kreide an die Wand gemalt (die immer noch da sind!) und auf der Straße getanzt.’

Der Begriff zocalo (im spanischen ‘sok-alo’ ausgesprochen) stammt von dem Namen des Hauptplatzes in der Altstadt von Mexiko-Stadt. Als Treffpunkt für die Mexikaner seit den Azteken, war es ein Platz auf dem bürgerliche, königliche, religiöse und militärische Zeremonien, aber auch nationale Feierlichkeiten, sowie Proteste stattfanden. Es ist der offene, gemeinschaftliche und soziale Aspekt von zocalo, der das Brightoner Zocalo inspiriert hat; die Aneignung des öffentlichen Raumes für persönliche Interaktionen, was die Grenzen der öffentlichen und häuslichen Bereiche verwischt, wo die Bürgersteige nicht länger ein Ort für Mülleimer und Fußgängerbewegung sind, sondern ein Ort zum Verweilen, Relaxen und Unterhalten. Zocalo ist ein Beispiel sich wiederholender, opportunistischer Raumgestaltung, sein kulturelles Potenzial  eingebettet in eine einfache Idee, die leicht realisiert werden kann und ein gutes nachbarschaftliches Verhalten und einen neu gelebten Gemeinschaftsgeist fördert.

Der Ortsansässige Thurston Crockett sagt: ‘Zocalo ist so eine einfache Idee, aber hat solch einen großartigen Effekt: Ich traf durch Zocalo vor ein paar Jahren Nachbarn aus meiner und der nächsten Straße, wir  begannen sofort uns zu duzen, und grüßen uns und quatschen alle ein bis zwei Wochen miteinander; wir schauen nacheinander – das ist einfach gut für unser Gemeinschaftsgefühl und das macht es real.’

David Bramwell vom Catalyst Club wohnt schon lange in Hanover, Brighton und schließ an: ‘Wenn in jeder Straße unserer Stadt eine Person helfen würde Zocalo für seine Nachbarschaft zu organisieren, dann würden wir im Alleingang eine städtische Revolution beginnen. Alles was es dazu braucht ist ein bisschen guter Wille und einen Stuhl. Und mit etwas Glück stellt sich am Ende des Abends heraus, dass man eine ganze Menge neuer Freunde gewonnen hat, die direkt die Straße runter wohnen.’


Cara Courage ist Kunstberaterin, Autorin und kreative Raumgestaltungs-PhD-Studentin, die ihre Theorie der Relokalisierung an der Universität von Brighton testet. Sie schreibt für ArtsProfessionalFrame and ReferenceGuardian Culture Professionals Network und engage, und ist Leiterin des Pop-Up ArchitekturzentrumsThreshold.